Campingplatzhexen
... oder Walpurgis lässt schön grüßen!
Kurze Stil-Beschreibung:
Bei diesem bodenständigen
Stück drängen Mysterien und Aberglaube in die unbekümmerte Welt
eines Campingplatzes und verbreiten dort Angst und Schrecken. Menschen aus der
Jetzt-Zeit sehen sich konfrontiert mit seltsamen Bräuchen und wundersam
anmutenden Geschichten aus vergangenen Zeiten.
Auf humorvolle, temporeiche und turbulente Art gehen die Akteure mit einer
ungewöhnlichen Hitzewelle, mit seltsamen Ereignissen und grauseligen Phänomenen
um. Letztendlich sind alle restlos überfordert und verbreiten planlosen, von
Panik getriebenen Aktionimus.
Seinen besonderen Reiz, seine Spannungselemente und nicht zuletzt seinen Humor
zieht dieses Stück aus der Frage, wie moderne, aufgeklärte Menschen mit
Aberglaube, Mysterien und Ängsten aus der Vergangenheit umgehen. Dass diese
Menschen dann doch nicht wirklich modern und aufgeklärt sind, wundert zum
Schluss niemanden mehr.
Campingplatzhexen
... oder Walpurgis lässt schön grüßen!
Auf dem Campingplatz „Zum lachenden Isidor“ geschehen gruselige Dinge. Campingplatzbetreiber und Gäste geraten in Panik. Fluchtgedanken machen sich breit. Selbst Stammgästen fällt es schwer, ihrem heißgeliebten Zweitwohnsitz die Treue zu halten. Man denkt an die Gründung einer Bürgerwehr. Das Volk bewaffnet sich und der Ausnahmezustand wird ausgerufen.
Aber wie konnte das Grauen vordringen in die heile Welt eines so friedlichen Ortes, gelegen in einer wunderschönen ländlichen Idylle bestehend aus einem glasklaren See und weitläufigen Auen und Wäldern. Was war geschehen?
Wir befinden uns also auf einem Campingplatz mit dem klangvollen Namen „Zum lachenden Isidor“. Chefin des Ganzen ist Berta Beiser. Sie führt das Regiment mit eiserner Hand. Es gibt feste, über die Jahre entstandene Regeln, die unter allen Umständen einzuhalten sind. Und dafür steht Berta mit vollem Einsatz. Was dazu führt, dass sie häufig nur „der Beiser“ genannt wird.
Berta hat einen Bruder, Bruno Beiser. Er lebt im nahe gelegenen Dorf und besucht seine Schwester fast täglich. Man könnte sagen, er ist der kaufmännische Kopf auf dem Platz und zuständig für alles, was mit Geld zu tun hat. Außerdem ist er Vorsitzender des Musikvereins im Dorf.
Zu Bertas Seite steht Ihr Gehilfe Hannes Schleicher. Jedenfalls sollte er das. Hannes ist schlau und gerissen. Er kennt sich aus. Garantiert. Seine Gerissenheit und Schlauheit setzt er fast ausschließlich zur Vermeidung von körperlicher oder geistiger Anstrengung ein, was im Ergebnis jeglichen Arbeiteinsatz seinerseits zwingend verbietet. Den noch verbleibenden Rest seiner geistigen Kraft setzt Hannes für seine Gesundheit ein. Nach seiner unumstößlichen Meinung lebt er ausgesprochen gesundheitsbewusst, denn er ernährt sich vorwiegend von vitaminreichen vergorenen Trauben- und Gerstensäften.
Das schlagkräftige Campingplatz-Team vervollständigt die Azubine Sunny Gerster, immer fröhlich, immer strahlend und gute Laune verbreitend. Aber auch sie hat bedauerlicher Weise nur sehr wenig Zeit sich um ihre Aufgaben zu kümmern. Ständig ist sie mit ihren Fingernägeln, mit ihren Lidschatten, mit ihrem "Täng" oder mit ihren Klamotten beschäftigt. Sunny heißt eigentlich Susanne und hat bereits vor fünf Jahren ihre Ausbildung auf dem Campingplatz begonnen. Da aber nie klar ersichtlich wurde, was sie eigentlich lernt, konnte sie auch nie zu einer Prüfung angemeldet werden.
Mit einem solchen Team ist, wie man unschwer erkennen kann, ein Freizeitbetrieb dieser Art unmöglich zu führen. Wären da nicht die Stammgäste, wäre der Untergang unvermeidbar. Eben diese Stammgäste halten den Platz am Leben und sie gehen voll auf in ihren selbst gewählten Aufgaben. Die Chefin sieht diese ehrenamtlichen Einsätze mit Wohlwollen. Schließlich kosten sie ja nichts und so lange sich die daraus entstehenden kleinen und mittelschweren Kataströfchen in Grenzen halten, sollte man den Dingen ihren Lauf lassen.
Den Kern der ehrenamtlichen Mannschaft bilden der Studienrat a.D. Emil Schröder und seine Gattin Trude. Sie übernehmen die Zuweisung der Plätze und die Einweisung der Gäste. Hier gewinnt die pädagogische Kompetenz eines Studienrates a.D. eine ganz neue Qualität.
Sind die Gäste auf ihren Plätzen und eingewiesen, kommt Kurt zum Einsatz. Kurt Kramer. Er ist Handwerksmeister (welche Fachrichtung, weiß allerdings keiner so genau) und übernimmt den technischen Bereich. Er schließt die Gäste an. Strom, Müllbeutel, Grill, eben die Dinge, die man auf einem Campingplatz so braucht. Kurt ist Junggeselle und auf der Jagd. Frei nach der Devise: „Bauer jagt Frau“. Sunny kann davon ein Lied singen.
Bleibt noch Emma zu erwähnen. Emma Piehl. Emma ist pensionierte Polizistin. Sie wurde bereits mit 32 Jahren nach einem tragischen Vorfall in Frühpension geschickt. Seither lebt sie ununterbrochen auf dem Platz und sorgt für Recht und Ordnung. Also für die Einhaltung der Ruhezeiten, für Sauberkeit und Hygiene und nicht zuletzt für die Einhaltung von Sitte und Moral, was ihr folgerichtig den Namen „Schärriff“ einbrachte.
Es ist Ende April. Trotz dieser Jahreszeit herrschen extreme sommerliche Temperaturen. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, wann die 30°-Grenze überschritten wird. Die Menschen leiden unter dieser furchtbaren Hitze. Die Abergläubigen verbreiten Weltuntergangsstimmung. Klimawandel ist das am häufigsten gebrauchte Wort. Die Verschwörungstheoretiker haben Hochkonjunktur. Die Bauern fürchten bereits jetzt um ihre Ernten.
Aber dieses sommerliche Wetter hat auch seine Vorteile. Es kommen mehr Touristen wie jemals zuvor im April. Was folgerichtig die Kassen von Berta aus der winterlichen Depression befreien hilft, denn es taucht, wenn auch unangemeldet, eine gemischte Gruppe von Camping-Anfängern auf. Sie belegen die noch freien Zeltplätze und wollen wohl offensichtlich auch länger bleiben. Ein echter Glücksfall.
An diesem schwarzen Tag nun hatte sich die neue Gruppe gerade mal richtig eingerichtet und die erste Nacht im Zelt verbracht. Hannes liegt schnarchend im Schlauchboot in der Anmeldung. Er hatte mal wieder eine seiner vitaminreichen Nächte hinter sich und es nicht mehr in sein Bett geschafft. Nichts ungewöhnliches, denn bei diesen Temperaturen muss man ja viel Flüssigkeit zu sich nehmen. Sunny findet, den offensichtlich von wilden Träumen Geplagten, und weckt ihn unsanft. Hannes berichtet von schrecklichen Albträumen. Von einem dunklen Wald und von furchtbaren, jammernden Geistern. Selbst die dazukommende Berta kann den verwirrten Gehilfen nicht beruhigen.
Und es kommt noch schlimmer. Die komplette ehrenamtliche Stammmannschaft taucht, allesamt blass und beunruhigt, in der Rezeption auf und berichtet von unendlich traurigen, weinenden Stimmen aus dem nahegelegenen Wald. Die wildesten Phantasien greifen um sich.
Die Walpurgisnacht steht bevor und die Hexen joggen sich schon warm. Deswegen ist es hier auch so heiß. Höllenfeuer!
Die Gerüchteküche brodelt und schwappt auch auf die neuen Gäste über. Auch unter ihnen hat der eine oder andere diese Stimmen gehört. Und wer sie nicht gehört hat, glaubt spätestens jetzt, dass er sie gehört hat. Die Ängstlichen unter den neuen Gästen denken sofort an Abreise. Nur mit Mühe und viel Überredungskunst kann das verhindert werden. Aber die Angst bleibt. Und die nächste Nacht steht vor der Tür.
In dieser Nacht schläft keiner auf dem Campingplatz. Menschen finden schutz- und trostsuchend zueinander. Tatsächlich findet sich in dieser Not sogar das eine oder andere neue Paar (welche am Ende dieser Geschichte für ein gebührendes Happy End sorgen werden).
Am darauffolgenden Morgen sind jedoch alle übernächtigt, unausgeschlafen und mürrisch. Die ersten Gäste packen bereits. Das kann Berta und ihr Team nicht zulassen. Man braucht diese Gäste. Also beschließt man, der Sache auf den Grund zu gehen. Sowas gab es hier noch nie und es wäre ja gelacht, wenn man sich davon in die Knie zwingen lassen würde.
Zunächst wird ein Erkundungstrupp zusammengestellt. Der durchsucht noch am selben Tag den Wald. Finden können Sie jedoch garnichts. Nicht die geringste Ungewöhnlichkeit. Soweit man das also erkennen kann, ist der Spuk wohl vorbei. Selbst die Campinganfänger geben sich damit zufrieden, wenn auch von erheblichen Zweifeln geplagt.
Es wird wieder Nacht und pünktlich um 23.oo Uhr geht das Gejaule der Hexen aufs Neue los. Freiwillige lassen sich dieses mal nicht so leicht finden. Ein spärlicher Trupp der Mutigsten zieht dennoch, wenn auch nach geraumer Zeit, in die Wälder. Aber da sind die Hexen bereits wieder verstummt und die stark entnervten Helden kehren unverrichteter Dinge zurück.
Am nächsten Morgen gibt es kein Halten mehr. Sämtliche Neugäste brechen in großer Hektik ihre Zelte ab. Selbst ein führendes Mitglied der ehrenamtlichen Elite-Einsatztruppe, der Studienrat a.D. nebst holder Gattin, packt bereits. Berta und das restliche Team sind verzweifelt. Man denkt über Gegenmaßnahmen nach. Bürgerwehr? Exorzismus? Polizei? Der Pfaffe? Alles erscheint sinnlos.
Langsam füllt sich die Rezeption mit den abreisenden Gästen. Jeder will sich zuerst abmelden. Keiner kann schnell genug verschwinden. Fast kommt es zu Handgreiflichkeiten. Berta und das Rest-Team verlieren langsam die Übersicht. Chaos bricht aus. Alle Beruhigungsversuche scheitern. Niemand lässt sich mehr von der Abreise abhalten.
Und dann geht das Gejammer wieder los. Die Hexen stehen schon vor der Tür. Mitten am helllichten Tag. Zunächst erstarren alle im Raum anwesenden Personen zur Salzsäule. Dann verbreitet sich langsam Unruhe und droht in Tumulten und panischen Fluchtversuchen zu enden.
Die Tür wird aufgerissen und Bruno stürmt mit ausgebreiteten Armen und einem strahlenden Gesicht in den Raum. „ Na, was sagt Ihr dazu, ist das nicht superspitzengeil. So etwas habt Ihr noch nie gehört! Wunderbar!“ Erst jetzt registriert er die Situation im Raum und bleibt versteinert stehen. „Was geht denn hier ab?“
Der Aufgeweckteste im Raum, Hannes Schleicher, findet zuerst seine Sprache wieder: „Was ... was ist das denn?“ Erst ein fragender Blick, dann langsames Verstehen und ein immer breiter werdendes Grinsen sind die ersten Reaktionen von Bruno. Dann erklärt er:
"Da draußen, das sind Aborischinies, australische Ureinwohner, die wir zu einem Gastkonzert eingeladen haben. Die wollen aber nicht reinkommen, die hassen geschlossene Räume. Und das, was da zu hören ist, das sind Ditscheriduus, Musikinstrumente, die von den Ureinwohnern erfunden und hier gespielt werden. Die sind weltberühmt. Die muss man doch kennen..."
Betretene Gesichter. So hat man sich noch nie blamiert. Erste Entspannungsreaktionen. Und was machen die nachts im Wald? Na ja, die üben. In Hallen wollen die nicht üben, wie gesagt, die hassen geschlossene Räume. Warum nachts? Die leiden unter Jetlag und haben deswegen tagsüber geschlafen und nachts geübt. Jetzt haben sie sich an die Umstellung gewöhnt.
Die
Spannung löst sich komplett. Man kann sogar wieder lachen. Die in den
angstbesetzten Nächten zusammen gefunden Paare fallen sich in die Arme.
Alle mögen sich. Und eine neue Geschäftsidee wurde geboren.
Zum Stück
Darstellende Personen:
Berta Beiser: Chefin des Campingplatzes
Bruno Beiser: Bruder der Chefin
Hannes Schleicher: Assistent der Chefin
Sunny Gerster: Auszubildende, für was auch immer.
Emil Schröder: Stammgast / Studienrad a.D.
Trude Schröder: Stammgast / Ehefrau von Emil
Kurt Kramer: Stammgast / Handwerksmeister
Emma Piehl: Stammgast / pensionierte Polizistin
Eva Butzbach: Campingplatzneuling
Lisa Butzbach: Campingplatzneuling / Schwester von Eva
Larrissa (Lars) Eberts: Campingplatzneuling
Helga (Holger) Schmidt: Campingplatzneuling
Kurze Anmerkung des Autors:
Die letzten beiden Rollen sind so angelegt, dass sie sowohl von weiblichen als auch von männlichen Darstellern gespielt werden können, der Spielverlauf ändert sich dadurch nicht.
3 Akte / 12 Personen / 4 Männer 6 Frauen 2 variable Rollen
1. Akt
Bühnenaufbau:
Ort des Geschehens ist die Rezeption/Anmeldung auf einem Campingplatz. Der ganze Raum strahlt Urlaubsstimmung aus. In der Mitte des Raumes, nach hinten versetzt, steht die Rezeptionstheke. Darauf befinden sich die üblichen Dinge einer Rezeption, also Klingel, Prospekte, etc. sowie ein großer Ventilator. Davor zwei Barhocker. Rechts vorn steht ein runder Campingtisch mit vier Klappstühlen. Links hinten liegt ein großer Sandhaufen (feiner weißer Sand). Oben auf dem Sandhaufen stickt ein Sonnenschirm. Darunter liegt ein großes Schlauchboot mit dem Bootsboden nach oben. Der Sandhaufen ist mit strandüblichen Gegenständen dekoriert (Handtuch, Schaufel und Eimer, etc.).
Aus dem Raum führen zwei Türen, nach links und nach rechts. Die linke Tür führt zur Straße und dient gleichzeitig als Eingang zum Campingplatz. Die rechte Tür führt auf den Campingplatz.
Bevor sich der Vorhang öffnet, wiehert (schreit aus vollem Hals) der Esel Isidor, das Maskottchen des Campingplatzes. Eine Stimme aus dem Hintergrund ruft:
„Isidor, halts Maul!“
Wenn sich der Vorhang öffnet, liegt Hannes schlafend und laut schnarchend auf dem Schlauchboot.
Sunny betritt den Raum durch die linke Tür. Sie trägt eine große Badetasche bei sich. Erst nach ein paar Schritten bemerkt sie Hannes und ignoriert ihn sofort wieder, indem sie eine abfällige Bewegung macht. Sie geht hinter die Theke, wuchtet ihre Tasche auf den Tresen und räumt ihre Schminkutensilien aus (großer Schminkspiegel, etc.).
Sunny blickt konzentriert in den Spiegel.
Sunny: Spieglein Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?
Hannes antwortet, ohne die Augen zu öffnen.
Hannes: Du bestimmt nicht, Dir fehlt noch ein Kilo Spachtelmasse im Gesicht.
Hannes schnarcht sofort weiter, als wäre nichts gewesen. Gerade als Sunny heftig antworten will, betritt Berta den Raum durch die rechte Tür.
Berta: Was für eine Affenhitze. Wenn das so weiter geht, schmelze ich dahin wie ein Wassereis.
Erst jetzt schaut sich Berta im Raum um, während Sunny bereits hastig ihre Schminkutensilien wegräumt.
Berta: Da schau her. Unser Spitzenteam bei seiner gewohnt produktiven Tätigkeit. Die Azubine bei der Fassadenrenovierung und der Assi untermalt das ganze mit einem Grunzkonzert.
Sunny versucht die Stimmung mit einer besonders munteren Stimme zu retten.
Sunny: Guten Morgen Chefin, heute sind wir aber früh dran, immer frei nach der Devise „Nur der frühe Vogel fängt den Wurm“.
Berta: Quatsch. Selbst Du solltest wissen, dass nur die zweite Maus den Käse kriegt.
Sunny macht ein verdutztes Gesicht, während Berta zu Hannes stampft und mehrmals gegen das Schlauchboot tritt.
Berta: Aufwachen, Du Penner. Das hier ist nicht Dein Schlafzimmer sondern Dein
Arbeitsplatz.
Hannes lässt sich nicht weiter stören, er dreht sich nur gemächlich auf die Seite. Sunny weiß bereits, was jetzt kommt. Sie greift sich ein Glas Wasser und reicht es ihrer Chefin. Berta hält das Glas Wasser hoch über den Kopf von Hannes.
Berta: Letzte Warnung!
Hannes brummt nur verschlafen. Berta schüttet Hannes das Glas Wasser über den Kopf. Hannes dreht sich mit Gebrüll weg.
Berta: Und das kommt jetzt von Herzen.
Sunny greift sich ein Handtuch und reicht es Hannes.
Sunny: So, das wars jetzt mit der Morgentoilette.
Berta: Niemals. Der stinkt doch wie ein besoffener Brauereigaul. Der braucht eine Tiefenreinigung.
Berta reicht Sunny das Glas zum Auffüllen. Hannes springt mit einem Satz vom Boot runter.
Hannes: Wagt Euch, Ihr verdammtes Weiberpack und Ihr werdet sehen, wozu ein rasender Brauereigaul fähig ist.
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